Stockangelrecht im Sinne des Tierschutzes nur mit Fischereiprüfung – Drittes Gesetz zur Änderung des Bremischen Fischereigesetzes

In Deutschland werden Angelei und Fischerei grundsätzlich über Gesetze und Verordnungen auf Ebene der einzelnen Bundesländer geregelt. Dementsprechend besitzt Deutschland 16 unterschiedliche Landesfischereigesetze und -verordnungen, welche sich ebenfalls in den Voraussetzungen zur Ausübung der Angelfischerei unterscheiden. Grundsätzlich muss jede Person, die legal angeln möchte, ihre Sachkunde in Form eines amtlichen Fischereischeins nachweisen, wenngleich es in einzelnen Bundesländern wiederum Ausnahmeregelungen gibt, etwa der sog. „Urlaubsangelschein“ in Schleswig-Holstein. Voraussetzung für die Erteilung eines Fischereischeins ist, dass man eine Fischereiprüfung erfolgreich abgelegt hat.

Die Fischereiprüfung in Bremen besteht aus einem Vorbereitungskurs mit den Themenschwerpunkten allgemeine Fischkunde, spezielle Fischkunde, Rechtskunde, Gewässerkunde und Gerätekunde sowie einer anschließenden Prüfung. Im Land Bremen gibt es aber die bundesweit einmalige Besonderheit, mit einem sog. „Stockangelschein“ auch ohne vorherige Teilnahme an einer Fischereiprüfung angeln zu dürfen. Hintergrund ist das Stockangelrecht bremischer Bürger, das Kaiser Karl V. im 16. Jahrhundert erlassen hatte. Geregelt ist dieses Recht heute im Bremischen Fischereigesetz. Mit dem Stockangelschein ist es möglich, zum eigenen Bedarf mit bis zu zwei Angeln in der Weser innerhalb der bremischen Landesgrenze, in der Kleinen Weser, in der Lesum flussaufwärts bis zur Burger Straßenbrücke und in dem tideabhängigen Teil der Geeste zu fischen.

Gerade in Hinblick auf den Tier- und Artenschutz ist eine solche Praxis nicht mehr zeitgemäß. Auch wer lediglich mit bis zu zwei Stockangeln fischen will, muss die notwendigen Kenntnisse darüber besitzen, welche Fische zu welchen Zeiten geangelt werden dürfen und wie mit dem geangelten Fisch richtig umzugehen ist. Das macht es notwendig, die Fischereiprüfung auch beim Stockangelrecht zur Voraussetzung für die Erteilung einer entsprechenden Angelerlaubnis zu machen und die Ausnahmeregelung für das Stockangeln entsprechend zu streichen. Durch eine angemessene Übergangsregelung ist dabei allen Menschen, die einen Stockangelschein nach bisherigem Recht haben, ausreichend Zeit einzuräumen, die nunmehr erforderliche Fischereiprüfung nachzuholen, falls sie weiterhin das Stockangelrecht in Anspruch nehmen wollen. Gleichzeitig muss durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, dass Menschen nicht aufgrund fehlender Deutschkenntnisse von einer solchen Prüfung ausgeschlossen werden.
Bei dieser Gelegenheit soll im Fischereigesetz klargestellt werden, dass die Fischereiaufsicht die Befugnis hat, die geangelten Fische in mitgeführten Behältern auch dann kontrollieren zu dürfen, wenn diese Behälter verschlossen sind.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Drittes Gesetz zur Änderung des Bremischen Fischereigesetzes
Vom…
Der Senat verkündet das nachstehende, von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene Gesetz:
Artikel 1
Änderung des Bremischen Fischereigesetzes
Das Bremische Fischereigesetz vom 17. September 1991 (Brem.GBl. S. 309), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 13. Dezember 2022 (Brem.GBl. S. 896, 900) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In § 9 Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter „das 18. Lebensjahr vollendet haben oder“ gestrichen.
2. In § 33 Absatz 1 Satz 2 werden nach dem Wort „Behälter“ die Wörter „einschließlich ihres Inhalts“ eingefügt.
3. § 35 Absatz 1 Satz 2 wird aufgehoben.
4. Dem § 42 wird folgender Absatz 5 angefügt:
„(5) Fischereischeine für die Stockangelei nach § 9, die vor dem [einsetzen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 2 dieses Gesetzes] ausgestellt wurden, erlöschen spätestens mit Ablauf des 31. Dezember [einsetzen: Jahreszahl des auf die Verkündung folgenden Kalenderjahres].“

Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Begründung:

Zu Artikel 1 (Änderung des Bremischen Fischereigesetzes)
Mit den Änderungen in den Nummern 1 und 3 wird bestimmt, dass auch von Volljährigen vor Ausübung des sogenannten Bremer „Stockangelrechts“ zukünftig eine Fischereiprüfung abzulegen ist. Damit wird aus Gründen insbesondere des Tier- und Artenschutzes eine historisch überkommene Sonderregelung beendet, die es nur im Bundesland Bremen gibt.

Nummer 2 stellt klar, dass sich die Kontrollbefugnis der Fischereiaufsicht nicht nur auf mitgeführte Behälter, sondern auch auf deren Inhalt erstreckt, so dass Behälter gegebenenfalls auch gegen den Willen einer bei der Fischerei angetroffenen Person geöffnet werden dürfen. Aufgrund der geltenden, insoweit als unklar empfundenen Formulierung hatte der Landesfischereiverband den ehrenamtlichen Fischereiaufseher*innen bisher empfohlen, geschlossene Behältnisse nur freiwillig öffnen zu lassen. Hierdurch konnte die Fischereiaufsicht ihre wichtigen Aufgaben bisher nur eingeschränkt wahrnehmen.

Nummer 4 schafft eine Übergangsregelung für Personen, die einen Stockangelschein nach dem bisher geltenden Recht ohne verpflichtende Fischereiprüfung besitzen. Ihr Stockangelschein erlischt erst mit Ablauf des nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes folgenden Kalenderjahres. Somit bleibt ausreichend Zeit, die zur Verlängerung des Scheines nunmehr erforderliche Fischereiprüfung nachzuholen.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Diese Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Aufgrund der großzügigen Übergangsregelung in Artikel 1 Nummer 3 steht einem Inkrafttreten bereits am Tage nach der Verkündung nichts entgegen.
Philipp Bruck, Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Derik Eicke, Holger Welt, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Olaf Zimmer, Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE