Ehrenamtliches Engagement im Land Bremen – vielfältig, bunt und unterstützenswert!

ZimmerStadtentwicklung, Beiräte & Bürger*innenbeteiligung

Viele Menschen in Bremen und Bremerhaven engagieren sich ehrenamtlich für die Gesellschaft. Die Felder, in denen sie sich engagieren, sind dabei so vielfältig, wie die Formen des Engagements selbst. Ob bei den Freiwilligen Feuerwehren, dem örtlichen Sportverein, im Bereich des Klima- und Umweltschutzes, im sozialen und kulturellen Bereich, überall würde ohne diese „Überzeu-gungstäter:innen“ sprichwörtlich das Licht ausgehen.

Dabei beziehen die ehrenamtlich engagierten Menschen ihren Antrieb nicht aus einer finanziellen Erwägung. Zumeist ist der Wunsch, sich zu engagieren viel mehr verbunden mit der Zielsetzung, andere Menschen zu unterstützen, sie ein Stück auf ihrem Lebensweg zu begleiten oder auch die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verbessern.

Freiwilliges, ehrenamtliches Engagement ist Grundpfeiler unserer Demokratie. Die Selbstorganisation von Menschen in Vereinen und Initiativen der Zivilgesellschaft trägt zur Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens bei. Ob den vielen stillen Held:innen des Alltags oder den Aktiven, die die Gesellschaft im Kleinen oder Großen verändern wollen, ihnen allen gebührt die Anerkennung unserer Gesellschaft. Gerade deswegen gilt es, die bestehenden Formen staatlicher Unterstützung immer wieder zu prüfen und die Entwicklungen der un-terschiedlichen Formen des ehrenamtlichen Engagements zu unterstützen. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass das ehrenamtliche Engagement nicht dazu führt, dass der Staat sich aus der Verantwortung der Daseinsvorsorge zieht.

Wir fragen den Senat:

I. Struktur des Ehrenamts im Land Bremen
1. Seit 1999 erhebt die Bundesregierung alle fünf Jahre Daten über freiwilli-ges Engagement in Deutschland. In den Erhebungsjahren 2009 und 2014 hat das Land Bremen jeweils eine Sonderauswertung für das Land beauftragt. Ist dies auch bei der Erhebung im Jahre 2019 erfolgt? Wenn dies nicht der Fall war, warum ist es nicht geschehen?
2. Welches sind die Hauptbereiche ehrenamtlichen Engagements im Land Bremen? (Wenn möglich, bitte Verteilung auf die 14 Engagementbereiche, die der Freiwilligensurvey auflistet, in Zahlen darstellen.)
3. Wie hoch ist die Ehrenamtsquote im Land Bremen (bitte separat für das Land und die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven ausweisen) im Vergleich mit anderen Bundesländern? Welche sozialräumlichen und soziodemographischen Faktoren haben Einfluss auf Engagementquoten?
4. Wo wurden bisher gegebenenfalls staatliche Leistungen reduziert, indem sie durch ehrenamtliches Engagement ersetzt wurden?
5. Wie hoch ist die Ehrenamtsquote im Hinblick auf verschiedene Altersgruppen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht, nach Bildungsabschlüssen, Men-schen mit Einwanderungsgeschichte und ohne sowie nach den 14 Enga-gementbereichen des Freiwilligensurvey? (Bitte separat für das Land und die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven ausweisen.)
6. Welche Trends im freiwilligen Engagement sind aktuell feststellbar? (Sofern der Freiwilligensurvey aus der Datenerhebung 2019 schon vorliegt, ist hierauf Bezug zu nehmen. Liegt er noch nicht vor, bitte Quellenangaben anderer Studien/Veröffentlichungen angeben.) Wie bewertet der Senat den Trend hin zu projektbezogenem, zeitlich begrenztem ehrenamtlichen Engagement?
7. Wie schätzt der Senat das Potenzial zur Erlangung von Kompetenzen (Organisationsvermögen, Projektmanagement, fachlichen Kenntnissen, persönlicher Weiterentwicklung et cetera) bei der Durchführung ehrenamtlicher Projekte beziehungsweise ehrenamtlichem Engagement ein?
8. Wie entwickelt sich das Engagement in leitenden Positionen (Vorstandsämtern)? Welche Erkenntnisse liegen über Gründe für möglicherweise nachlassendes Engagement in ehrenamtlichen Vorständen vor?
9. Wie schätzt der Senat den Stellenwert der Digitalisierung hinsichtlich der Weiterentwicklung der ehrenamtlichen Strukturen im Land ein?

II. Heranführung konkreter Zielgruppen an das Ehrenamt
1. Welche Möglichkeiten schaffen der Senat und der Magistrat auf Landes- beziehungsweise auf kommunaler Ebene, um einzelne gesellschaftliche Gruppen wie zum Beispiel junge Menschen, Frauen, Menschen in der Familienphase, Menschen mit Behinderungen und Senior:innen an das Eh-renamt heranzuführen?
2. Welche Angebote halten der Senat und der Magistrat auf Landes- beziehungsweise auf kommunaler Ebene vor, um das Engagement in ehrenamtlichen Vorständen zu unterstützen und zu fördern?
3. Welche konkreten Maßnahmen sollen für die vordringlichen Zielgruppen jeweils in Bremen und Bremerhaven ergriffen werden?
4. Inwieweit verfügt der Senat über Erfahrungen beziehungsweise Best-Practice-Beispiele, wie Menschen mit Fluchterfahrungen an Ehrenämter herangeführt werden können, und gibt es darüber hinaus Zahlen für das Land Bremen, die das freiwillige Engagement von Migrant:innen widerspiegeln?

III. Engagement-Strategie des Landes
1. Welche Bundesländer haben bisher eine Engagement-Strategie mit welchen Ergebnissen erarbeitet, und welche Auswirkungen haben sie in der Folge gezeitigt?
2. Plant der Senat dem Beispiel anderer Bundesländer zu folgen und eine Engagement-Strategie zu entwickeln, und wie begründet der Senat seine Antwort?
3. Spielt ehrenamtliches Engagement bei der Bewerbung um Ausbildungs- und Studienplätze sowie bei der Einstellungspraxis im öffentlichen Dienst des Landes Bremen und seiner beiden Stadtgemeinden eine Rolle?
4. Wie unterstützt der Senat Ganztagsschulen, die häufig auf das Angebot von Vereinen und ihren Ehrenamtlichen setzen, in der Ausgestaltung der entsprechenden Angebote? Wie weit ist in diesem Zusammenhang die Kooperationsvereinbarung mit dem Landessportbund Bremen gediehen?
5. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, um Schüler:innen im schulischen Rahmen, insbesondere auch im Rahmen der Ganztagsschule, an ehrenamtliche Aktivitäten heranzuführen?
6. Welche Aktivitäten im Bereich des Service Learnings finden an den Hochschulen im Land Bremen statt, wie viele Studierende können daran parti-zipieren? Welche Möglichkeiten sieht der Senat, das Service Learning an bremischen Hochschulen weiter zu entwickeln?

IV. Förderung des Ehrenamts und Weiterentwicklung der Anerkennungskultur
1. Gibt es Erhebungen zur Bedeutung von Ehrenamt als Berufseinstiegsmöglichkeit, zum Beispiel im Bereich des Wechsels von der Freiwilligen Feu-erwehr in den hauptamtlichen Dienst?
2. Wie bewertet der Senat die Notwendigkeit eines Gesetzes zur Stärkung des Ehrenamts in der Jugendarbeit, wie es im Land Baden-Württemberg existiert?
3. Bestehen aus Sicht des Senats bundesgesetzliche Vorgaben im Arbeits- und Steuerrecht, die eine Stärkung des Ehrenamts erschweren, und wel-che Initiativen wird er gegebenenfalls dagegen ergreifen?
4. Wie können in diesem Zusammenhang auch neue und nicht in Vereinen und Verbänden organisierte Engagementformen, wie beispielsweise bei dem Einsatz für LGBTIQ- (schwule, bisexuelle, lesbische, Trans*, Inter* und queere Menschen) beziehungsweise Menschenrechte, unterstützt werden?
5. Welche Möglichkeiten der Beratung existieren im Land Bremen, um Gruppen von Personen (Projekte, Kollektive, Aktionsgruppen, Initiativen und so weiter) bei der Gründung von Vereinen zu unterstützen?
6. Welche Angebote gibt es im Land Bremen, um ehrenamtlich arbeitende Vereine bei der Umsetzung von Bestimmungen aus der Datenschut-grundverordnung zu unterstützen, und vor welchen Herausforderungen stehen die Vereine hier?
7. Welche Angebote gibt es im Land Bremen, um ehrenamtlich tätige Vereine bei der Bewältigung von (finanziellen) Einbußen im Zuge der Covid-19-Pandemie zu unterstützen?
8. Welche Angebote gibt es, um ehrenamtliche Vereine in komplizierten Prozessen, die in anderen Organisationen oder Unternehmen von beruflich tätigen Akteuren durchgeführt werden, wie etwa dem Bauantragsverfahren, zu unterstützen?
9. Wie viele Ehrenamtskarten wurden bisher durch den Senat an Ehrenamtliche im Land Bremen in den letzten fünf Jahren ausgegeben? (Bitte getrennt nach Jahren angeben, bitte die Altersverteilung der bisherigen Ehrenamtskarteninhaber:innen angeben.)
10. Hält der Senat das in der Ehrenamtskarte enthaltene Angebot für ausreichend oder welche Planungen zur Angebotserweiterung verfolgt er?
11. Sieht der Senat Möglichkeiten, den Personenkreis der Empfangsberechtigten auszuweiten, beispielsweise auch auf Beiratsmitglieder, ehrenamtliche Asylrechtsberatende oder Engagierte im antifaschistisch-demokratischen Bereich?
12. Hält der Senat es für sinnvoll, die Voraussetzungen auf Erhalt der Ehrenamtskarte zu reduzieren, zum Beispiel die Ausübung des Engagements von derzeit drei Jahren auf dann nur noch zwölf Monate, um darüber die Attraktivität zu steigern?
13. Wäre in diesem Zusammenhang auch eine bundesweit gültige Ehrenamtskarte erstrebenswert und praktikabel?
14. Wie bewertet der Senat eine Stärkung der Anerkennung des Ehrenamts durch die Anrechnung von Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenver-sicherung?
15. Wie bewertet der Senat die jüngst von der Bundesregierung beschlossene Aufstockung von Ehrenamts- und Übungsleiterpauschale?
16. In welcher Form unterstützt der Senat bisher in Form einer Anerkennungskultur das Ehrenamt, und welche Möglichkeiten sieht der Senat, das ehrenamtliche Engagement im Rahmen einer öffentlichen Anerkennungskultur, beispielsweise durch die Auslobung eines Landesehrenamtspreises, zu unterstützen? Welche anderen Möglichkeiten der Anerkennung sind aus Sicht des Senates denkbar?
17. Inwiefern ist die bisherige Anerkennungskultur auch auf junge Ehrenamtliche zugeschnitten beziehungsweise sieht der Senat hier einen Handlungsbedarf?
18. Wie bewertet der Senat Bestrebungen, ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern?
19. Wie kann Corporate Volunteering als Teil unternehmerischer Corporate Citizenship gestärkt werden?
a) Welche beispielhaften Aktionen sind dem Senat bekannt, und welchen Wert haben diese für Bremen?
b) Wie kann der Senat hier unterstützen, das Angebot mit den bestehenden Bedarfen zu koordinieren?
20. Welche Maßnahmen zu mehr Zeitautonomie beziehungsweise zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie lassen sich potenziell auch auf die bessere Vereinbarkeit von Ehrenamt und Beruf anwenden?
21. Wie schätzt der Senat generell die Rolle von Zeitautonomie bei der Stärkung ehrenamtlichen Engagements ein, welche Rolle spielen flexible Arbeitszeitmodelle, wie beispielsweise eine flexible Vollzeit, hierbei und welche weiteren Maßnahmen wären geeignet, Zeitautonomie zu stärken?

Thomas Pörschke, Björn Fecker und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Muhammet Tokmak, Birgitt Pfeiffer, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Olaf Zimmer, Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE